Eine Rose, die für ihren Duft gezüchtet wurde
Manche Rosen pflanzt man wegen ihrer Farbe, ihrer Form oder ihres Wuchses. Und dann gibt es jene, die man wählt, weil sie die Luft auf eine bestimmte Weise verändern. Rosa Gertrude Jekyll® (Ausbord) gehört zu den Letzteren. Nicht nur duftend, sondern geradezu durchdrungen von Duft. Ihr Wesen ist der Duft. Eine Erinnerung, eine stille Präsenz im Garten, die noch bleibt, wenn die Blüten längst vergangen sind.
Die Blüten sind voll und rosafarben, mit Blütenblättern, die sich wie Seiten eines Buches nach innen legen. Sie öffnen sich langsam und geben ihren Duft allmählich frei, als sei er in ihnen bewahrt worden und könne sich erst jetzt, unter Wärme, entfalten.
Das Erbe der Damaszener
Was dieser Rose ihren Duft verleiht, ist nicht allein Züchtung, sondern Herkunft. Im Herzen ihres Duftes liegt die Damaszenerrose. Eine alte, großzügige Mutterpflanze, seit Jahrhunderten kultiviert, nicht wegen ihres Aussehens, sondern wegen ihres Parfums. Der Duft ist süß, fast samtig. Er besitzt Tiefe und eine Art Wärme, die sich tief in der Luft hält. Manchmal bringt er würzige Noten, manchmal einen Hauch Zitrone. Immer aber bleibt er weich, rund und geerdet.
Dieses Erbe ist in Gertrude Jekyll klar erkennbar. Wenn sie blüht, ist ihr Duft unverkennbar. Er flattert nicht, er bleibt.
Ein Duft, der sich in Schichten entfaltet
Der erste Eindruck ist klassisch Rose. Voll, süß und anhaltend. Doch der Duft bleibt nicht statisch. Wer sich näher heranwagt, entdeckt manchmal eine Note von Himbeere oder eine Helligkeit, die den Atem leicht streift. Mit dem Reifegrad der Blüte vertieft sich das Parfum, wird runder und dunkler, wie eine Frucht, die in der Sonne nachreift. Bei windstillem Wetter erreicht der Duft den Gärtner oft, noch bevor er die Pflanze selbst erreicht.
Vom Licht und vom Tag geformt
Der Duft verändert sich mit dem Verlauf des Tages. Am Morgen wirkt er kühler und frischer, mit grünlichen Nuancen. Mit der Sonne wird er wärmer. Am späten Nachmittag ist er voll und weich, fast beruhigend. An warmen Abenden schwebt er schwerelos durch den Garten wie ein feiner Nebel. Eine einzelne Blüte in der Vase kann einen Raum stundenlang parfümieren, auch noch leise in der Nacht.
Diese stille Bewegung, mit der der Duft mit dem Tag atmet, lässt ihn lebendig wirken.
Was ihm Kraft verleiht
Rosen sind großzügig auf eine Weise, die wir erst allmählich zu verstehen beginnen. Eine einzige Blüte kann über hundert Duftstoffe enthalten, die gemeinsam ein vollendetes Dufterlebnis schaffen. Bei Gertrude Jekyll sind diese Bestandteile ausgewogen und reichlich vorhanden. Der Duft wirkt natürlich und vollständig. Er drängt sich nicht auf, sondern entfaltet sich langsam in feinen Übergängen. Vertraut, doch nie gewöhnlich. Tief, aber nie beschwerlich.
Ein Duft, verwurzelt in der Geschichte
Obwohl diese Rose erst im späten 20. Jahrhundert eingeführt wurde, reicht ihr Duft weit zurück. Die Damaszenerrose, vermutlich aus dem Nahen Osten nach Europa gelangt, war über Jahrhunderte hinweg in Kloster- und Apothekergärten beliebt. Sie wurde für Öle, Essenzen und Heilmittel verwendet und vor allem für die Freude an ihrem Duft geschätzt.
Später entstanden die Portlandrosen, wahrscheinlich aus einer Kreuzung von Damaszener- und Chinarosen. Sie brachten etwas Seltenes hervor. Einen kompakten Wuchs, wiederholte Blüte und einen Duft, der blieb. Gertrude Jekyll steht fest in dieser Traditionslinie. Aus Damaszener- und Portlandrosen hervorgegangen, trägt sie nicht nur deren Duft, sondern auch ihre Haltung in sich. Auch wenn Portlandrosen heute selten sind, bleibt ihr Einfluss spürbar in Form und Duft vieler moderner Englischer Rosen.
Ein Platz im Garten
Diese Rose gedeiht besonders dort, wo man ihrer leicht gewahr wird. Entlang eines Weges, neben einer Tür, in der Nähe einer Bank oder an einer geschützten Mauer schenkt sie Vorbeigehenden ihren Duft, ohne Aufmerksamkeit zu fordern. Sie lässt sich als Strauch ziehen oder in wärmeren Regionen auch als Kletterrose erziehen. Der Wuchs ist kräftig, die Blüte ausdauernd, und jede Blume wird mit spürbarer Absicht getragen.
Ein bleibender Eindruck
Diese Rose wird in erster Linie für ihren Duft geschätzt. Stark, voll und ganz der Tradition verpflichtet, hinterlässt sie einen bleibenden Eindruck. Nicht weil sie ihn erzwingen möchte, sondern weil er ganz von selbst entsteht. Ihr Duft bleibt beim Gärtner nicht als Erinnerung, sondern als etwas, zu dem man immer wieder zurückkehrt. Vertraut, verwurzelt, beständig.